2008: Vom Akt zum Fresko
Die Kunstgeschichte hat in den vergangenen Jahren verstärkt ihren Blick auf die Zeit des frühen Klassizismus gerichtet. Opulente Monographien (wie Steffi Roettgens Bänden zu Anton Raphael Mengs oder Edgar Baumgartls Werk über Martin Knoller) widmeten sich einzelnen Künstlern, ambitionierte Ausstellungen (wie der „Herbst des Barock“) ganzen Dynastien und deren Umfeld.
Bisher wenig beachtet blieb der Tiroler Maler Joseph Schöpf (1745 – 1822), der doch im deutschsprachigen Raum als eine der interessantesten Künstlerpersönlichkeiten dieser Zeit gelten muss.
Aus noch dem Barock verhafteten Umfeld seiner Heimat kommend wurde er Schüler von Martin Knoller, erfuhr die eigentliche Prägung aber schließlich an der Römischen Accademia di S. Luca. Die Prinzipien der Akademie wurden ihm zur unbedingten Grundlage seines eigenen künstler- ischen Schaffens. Nach sieben Jahren in Rom kehrte er nach Tirol zurück.
Sein Oeuvre als Freskant und Tafelbildmaler wurde bereits von Zeitgenossen stark beachtet und gelobt. Werke finden sich vor allem in Nordtirol, Südtirol und Süddeutschland.
Das fehlende Bewusstsein für den künstlerischen Wert von Entwurfsmedien hat insbesondere aus älteren Zeiten Material nur ausnahmsweise bewahrt. Ausschließlich als Basis und Hilfsmittel für die Ausführung verstanden und womöglich während der technischen Umsetzungsprozesse beschädigt, blieb nach der bestimmungsgemäßen Verwendung nur eine Auswahl der Vorarbeiten für die Muster- und Übungssammlungen der Ateliers und Werkstätten interessant.
Eine Besonderheit macht Joseph Schöpf zum faszinierenden Forschungsgegenstand: Sein künstlerischer Nachlass ist vollständig überliefert. Annähernd 3.000 Objekte dokumentieren vor allem seine Arbeitsprojekte. Der Nachlass schafft damit eine phantastische Ausgangslage.
Eigentlich gehört der Nachvollzug von Schaffensprozessen zu den wichtigsten For- schungsinstrumenten. In den meisten Fällen bleibt dieser Erkenntnisweg aber verschlossen.
Trotz eines für das 17. und 18. Jahrhundert feststellbaren wachsenden Interesses am Entwurf hat sich auch aus dieser Zeit Werkmaterial eher zufällig und unsystematisiert erhalten. Der Blick auf vollständige Entwurfskampagnen einzelner Pro- jekte bleibt fast immer verwehrt.
Wo er zu gelingen scheint, bleibt er in Wahrheit doch ausschnitthaft und unpräzise. Den stärksten Kontrast zu dieser allgemeinen Forschungs- situation bildet eben die Überlieferungslage für das Oeuvre des Tiroler Malers Joseph Schöpf.
Den stärksten Kontrast zu dieser allgemeinen Forschungssituation bildet eben die Überlieferungslage für das Oeuvre des Tiroler Malers Joseph Schöpf. Sein im Kloster Stams verwahrter Nachlass spiegelt in eindrucksvoller Weise die Biographie des Malers wider.
Am umfassendsten ist im Stamser Nachlass aber der Werkprozess zur Ausmalung der Klosterkirche Asbach im Rottal belegt.
Mit weit mehr als 60 Entwürfen dürfte das 1784 kurz nach Schöpfs Rückkehr aus Rom geschaffene und bereits von Zeitgenossen hoch gelobte Hauptwerk des Tirolers in seiner Entstehung so gut dokumentiert sein wie kaum ein anderes Werk der Kunstgeschichte.
Asbach und Schöpfs Nachlass eröffnen damit eine nahezu einzigartige Gelegenheit, einen detailge- nauen Blick auf die Arbeitsweise eines aus barocker Tradition kommenden, akademisch gebil- deten Freskanten zu gewinnen.
Verblüffend wirkt die aus dem akademischen Denken stammende Arbeitsstrategie, systematisch jede Figurenkomposition über Aktstudien nach dem lebenden Modell vorzubereiten, die sich mangels erhaltenem Entwurfsmaterial am Oeuvre keines anderen im süddeutschen Sprachraum arbeitenden Künstlers bisher so beobachten ließ.
Die Ausstellung „Vom Akt zum Fresko“ widmet sich einführend der Thematik, Joseph Schöpf als Maler des Frühklassizismus darzustellen. Den Schwerpunkt bildet aber der Nachvollzug des gesamten Werkprozesses für die Freskierung der Klosterkirche Asbach, der prototypisch für andere Werkkampagnen Schöpfs, seiner Zeitgenossen und Vorläufer stehen kann. Der Titel der Ausstel- lung zeigt sich als Programm.
Von der Aktzeichnung zum Fresko
Joseph Schöpfs Deckenbilder für die Klosterkirche Asbach und ihr Entwurfsprozess.
Das Buch zur Ausstellung ist im Museum Kloster Asbach und auch im Buchhandel (ISBN: 978-3-939723-08-0) erhältlich